Meine Vagina ist nicht heilig

und sorry an alle da draussen: Eure ist es auch nicht.

Bevor ich jetzt zu dem eigentlichen Punkt komme, kurz noch etwas vorab, um Mißverständnisse zu verhindern:

Niemand muss irgendwas! Wenn eine Frau entscheidet, ihre Vagina, ihr Körper ist für sie selbst etwas Heiliges, dass sie nur bestimmten Menschen zeigen/geben will, dann ist das mehr als in Ordnung! Diese Einstellung hat aber keine Allgemeingültigkeit und vor allem ist sie keine moralische Größe an der man die Würde oder den Wert einer Frau messen darf!

Die Vagina und die Religion

Die heilige Jungfrau Maria. Warum nur ist sie heilig? Etwa einzig und allein aus dem Grund, dass sie (religiös argumentiert) eine unbefleckte Empfängnis hatte? Weil kein Mann sie berührte, ihr Hymen intakt war, als sie mit dem christlichen Gottessohn oder dem islamischen Propheten schwanger wurde? Ich wage zu bezweifeln, dass dies Gottes Botschaft an uns war (vor allem auch, da sowohl die christliche als auch die islamische und jüdische Religionsgeschichte, ganz andere Frauen beschrieben und hochgelobt hat!). Wahrscheinlich ist es nicht mehr, als die von Menschen (damals vorrangig Männer) gewünschte Auslegung. Womit wir direkt bei dem nächsten Thema wären.

Der Mythos über die Vagina und die Tugendhaftigkeitartung-holy-vagina_0

In einer Welt, in der Frauen oftmals vom sozialen Leben und der Bildung weitgehend ausgeschlossen waren (und in vielen Teilen der Welt noch werden!), redete man ihnen nur allzu gerne ein, ihre Würde befände sich nicht in ihrem Kopf, äußere sich nicht in ihren Gedanken und ihren Taten, sondern befände sich zwischen ihren Beinen. Eine tugendhafte (aka eine gute) Frau schützt ihre Vagina, vor allem ihren Hymen, vor Blicken, Berührungen und Penetration, so lange es geht (bis zur Ehe). Das war und ist ein beliebtes Mittel, um Frauen bewusst klein zu halten, ihre Konzentration auf so etwas (im Vergleich zu vielen anderen Dingen) „Unbedeutendes“ zu lenken, wie ihre Jungfräulichkeit. Einem Mann wurde und wird selten gesagt, seine Tugendhaftigkeit hänge an seinem Penis und er müsse diesen nur gut genug schützen, um sie aufrecht zu erhalten.

Wie lange sich solche Mythen aber in unseren Köpfen halten, unser Denken bestimmen, völlig ungeachtet der Tatsache, dass wir ja mittlerweile an die Gleichberechtigung von Mann und Frau glauben, sieht man erschreckenderweise immer wieder: Im Bekanntenkreis, in den Medien, ja sogar bei feministischen Strömungen (Alice Schwarzer – Porno und Prostitutionsdebatte). Mit jedem Mal, in dem wir einer Frau, die ihre Sexualität auslebt wie sie gerade lustig ist, vorhalten, sie würde ZUVIEL von sich hergeben, sich hergeben, das Wichtigste von sich selbst geben, erhalten wir diesen Mythos weiter am Leben. Dieser Mythos kostet bis HEUTE vielen Frauen auf der Welt das Leben.

Vagina versus Penis – Mal aus einer anderen Perspektive

Kennt ihr das? Die Diskussion über das „ficken“ und „gefickt werden“? Nein? Super, dann gehört ihr zu den Glücklichen, die keinen Bekanntenkreis haben in dem solche Ansichten noch existieren! Es gibt sie aber, diese leidigen Diskussion, oftmals gehört unter Frauen. Da wird darüber gesprochen, dass eine Frau ausschließlich „gefickt wird“. Was dem Mann per se eine dominante Rolle zukommen lässt, denn er fickt ja nur, ergo „steckt in sie rein“. Der Mann als Geber, die Frau als passive Empfängerin. Die Konsequenz? Ein Schutzrefelx – ich kann ja nicht jeden einfach „reinstecken lassen“, mich benutzen lassen.

Es tut mir immer leid so etwas zu hören, ich empfinde Sex nämlich nicht als Kampf der Geschlechter, als Machtkampf. Guter Sex ist ein ausgewogenes Geben und Nehmen, die Steigerung von Lust, das Ausleben von Phantasien und die Befriedigung von menschlichen (nicht MÄNNLICHEN) Bedürfnissen. Und warum drehen wir den Spieß nicht einfach mal für einen Moment um? Der Mann ist es, der etwas von sich in uns einführt, unsere Vagina nimmt es auf, verschlingt es, macht es sich zu eigen. Vielleicht ist viel weniger das männliche Geschlechtsorgan das dominiert als uns oftmals suggeriert wird?

Die Vagina und die Sprache268869_243968025630264_7839996_n

Fotze – Möse – Loch – Fickloch –

abwertende Begriffe (vielleicht können sie beim Dirtytalk ganz nett sein), die immer mal wieder fallen und gut beschreiben, wie man eine Vagina sieht, die ihre „Tugend“ verloren hat. Noch zahlreicher sind die Beschreibung für die Besitzerinnen solcher „unheiligen“ Vaginas:

Schlampe – Nutte – Hure – Flittchen – leichtes Mädchen –

Abwertung, wohin man nur sieht. Wie nennt man noch gleich einen Mann, der seinen Penis nach belieben irgendwo hinein schiebt?

Lebemann – Playboy – Gigolo

Na, merkt man was? Muss ich nicht mehr zu sagen, oder?

Meine Vagina ist NICHT heilig

Sie ist nicht heilig, weil ich sie nicht zu etwas Heiligem auserkoren habe und sie ist auch nicht der Sitz meiner Tugend, weil ich mir zugestehe, ganz andere, wertvollere Tugenden zu besitzen. Wenn ich Sex habe, werde ich nicht benutzt, sondern gebe und nehme wie es mir (und ihm) beliebt. Ich gestehe mir meine Bedürfnisse ein und lebe sie aus und niemand sollte sich für so etwas schämen müssen. Ich muss nicht lieben, um Sex zu haben, wobei Sex mit Liebe, ohne jede Frage der Bessere ist.

Aber eigentlich, und das ist wohl das Wichtigste bei all dem, sollten wir uns nicht erklären müssen. Weder weil wir dem Sex entsagen, noch weil wir ihn ausleben und erst Recht nicht, weil wir statt eines Penis „nur“ eine Vagina haben.

Meine Vagina ist nicht heilig und die anderer Frauen ist es auch NUR dann, wenn sie es selbst so wünschen.

Aus gegebenen Anlass, für meine Freundin und für alle anderen Frauen, die sich immer und immer dafür rechtfertigen sollen, wenn sie leben wie es ihnen gefällt.

Anyway: It´s not ur business!

184331_203824492977951_4928718_n